Rechtliche Sonderrisken bedürfen spezieller Rechtsschutzversicherungslösungen, um eine geeignete Absicherung der erheblichen Kosten zu gewährleisten. Aber selbst bei Vorliegen solcher individuell zu vereinbarender Lösungen ist nicht gesagt, dass alle aus Anwaltstätigkeit resultierenden Kosten auch vollständig übernommen werden, wie das nachstehende Schadenbeispiel zeigt.
Ausgangslage
Diesem Schadenereignis lag bei einem Kunden, der Beteiligungen an Portfolios angesparter und laufender englischer Sekundärmarkt-Lebensversicherungen vertreibt, eine Anzeige gegen deren Geschäftsführer wegen des Verdachtes der Verletzung unter anderem des § 15 Abs 1 Z 1 KMG zugrunde.
Die Emittentin verwaltet diese Portfolios treuhändig für die Anleger. Für den öffentlichen Produktvertrieb wurde ein Veranlagungsprospekt erstellt und die Veranlagungsform im Kontrollvermerk zum Prospekt als Risikokapital kategorisiert. Ein Anleger, der einen Verlust von 80% hinnehmen musste, wandte sich an die FMA. Im Veranlagungsprospekt fand sich nämlich zum erworbenen Portfolio keine Aussage, weder in Bezug auf die Ausgestaltung noch auf die damit in Zusammenhang stehenden Risken.
Die FMA sah darin einen Verstoß gegen § 15 Abs 1 Z 1 KMG, da aus Sicht der FMA ein zu veröffentlichender Nachtrag erstellt hätte werden müssen, dies allerdings nicht vorgenommen worden war. Dieser Umstand bewog die FMA zu einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft.
Verteidigung des Versicherungsnehmers
Um diesen strafrechtlichen Ermittlungen erfolgversprechend entgegentreten zu können, wurden vom Kunden zwei Rechtsanwälte beauftragt. Einer für die allgemeine Rechtsvertretung der Beschuldigten und ein weiterer mit Spezialisierung auf das KMG und dessen Feinheiten.
Die Rechtsvertretungen waren zielführend und in deren Folge das strafrechtliche Ermittlungsverfahren auch eingestellt.
Kostenübernahme
Im Zuge der Abrechnung der entstandenen Anwaltshonorare kam es aber zu Problemen:
- Von dem zur allgemeinen Vertretung mandatierten Rechtsanwalt wurden sämtliche Kosten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag übernommen.
- Ausgenommen davon waren lediglich diejenigen Honorarpositionen, die als Mitwirkungspflichten des Kunden bzw. der versicherten Personen zu bewerten waren. Derartige Kosten werden grundsätzlich nicht erstattet, auch dann nicht, wenn der VN diese Verpflichtung an den vertretenden Rechtsanwalt überwälzt. Das sind und bleiben Obliegenheiten die durch den VN zu erfüllen sind. Und wenn sie delegiert werden, dann auf eigene Kosten.
- Die Bezahlung der Kosten des auf KMG spezialisierten Anwaltes wurde abgelehnt. Zwar ist die Kostenübernahme von Sachverständigengutachten im Versicherungsvertrag garantiert, erforderlich dafür wäre aber die Erstellung eines konkreten Gutachtens zur notwendigen unterstützenden Begleitung der Rechtsvertretung gewesen. Die lediglich unterstützende Begleitung durch einen zusätzlichen Rechtsanwalt ist von dieser Risikoerweiterung allerdings nicht umfasst.
Quintessenz
Gerade bei komplexen Sachverhalten ist die laufende Abstimmung zwischen VN und Rechtsanwalt zu vorzunehmenden anwaltlichen Aktivitäten besonders wichtig, um vorab Klarheit darüber zu erlangen, welche Kosten auch tatsächlich aus der Versicherung getragen werden.
(Linz, 16.4.2022, Beitrag von Dr. Helmut Tenschert)
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